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Osterschmuck - Matthäikirche Bingum

Die Grabstelle von Marie Trouper, genannt Ruppa in Bingum

Nachricht Leer-Bingum, 28. Februar 2023

In der Septemberausgabe von 2021 unseres Gemeindebriefes hatte Thea Plöger einen Artikel über das Grab von Ruppa verfasst. Sie hatte zusammen mit ihrer Schwester Sabine Santjer die Pflege des Grabes übernommen.

Nun hat der Bingumer Reporter der Rheiderlandzeitung, Holger Szyska, noch einmal Recherchen über die Geschichte dieser Grabstelle durchgeführt und in einem Artikel vom 18. Februar 2023 umfangreich darüber berichtet. Da nicht alle Bingumer diese Zeitung lesen, möchten wir an dieser Stelle einige der Erkenntnisse weitergeben. Hier noch einmal in Kürze die Geschichte der kleinen Ruppa:

„Es war im Jahr 1893, als eines Tages wie ein Lauffeuer die Nachricht durch das Dorf ging:

Ein Zigeunertrupp hat sich an dem Rheiderländer Ems Ufer bei der Ems Fähre zu kurzer Rast niedergelassen. In Scharen zogen die Menschen hin, um dem Leben und Treiben der dunkelhäutigen Menschen zuzuschauen. Noch am gleichen Tage wurde der Trupp von einem bedauerlichen Unglücksfall betroffen. Ein Zigeunermädchen wurde durch einen Hufschlag eines Pferdes getötet. Die Bestattung des Kindes fand mit allen bei den Zigeunern üblichen Gebräuchen unter starker Beteiligung der Einwohnerschaft auf dem Friedhof bei der Dorfkirche in Bingum statt. Der Sarg war rot gestrichen. Zwischen Sarg und Deckel hing eine lange Spritze herab, als habe man eine Gardine dazwischen gelegt. Der Ortsgeistliche hielt eine zu Herzen gehende Ansprache. Der Schmerz der Leidtragenden war übergroß. Kurze Zeit nach der Bestattung erhob sich ein weißes Holzkreuz mit der Aufschrift: „Hier ruhet Ruppa“ und Blumen schmückten das Grab.

Holger Szyska schreibt dazu in seinem Artikel:

Die historische Bedeutung des Grabes aus dem Jahre 1894 blieb bisher hingegen weitgehend unbeachtet. Dabei handelt es sich womöglich um die älteste bis heute erhaltene Sinti-Ruhestätte in ganz Norddeutschland. Eine ältere Grabstelle der Minderheit der Sinti und Roma sei ihm nicht bekannt, sagte der Historiker Dr. Hans Hesse aus Hürth, der zahlreiche Forschungsarbeiten über die Volksgruppe verfasst hat, auf Anfrage der RZ. Es seien »besondere Umstände «, die zum Erhalt des Grabes geführt hätten, so Hesse.

In Bingum ist es das Schicksal eines kleinen Mädchens, das Mitglieder der Kirchengemeinde bis heute so bewegt, dass sie sich aus privatem Engagement um die Pflege der Grabstätte kümmern.

Es sei bemerkenswert, dass das Grab all die Jahre und vor allem die Zeit des Nationalsozialismus überstanden habe, sagt auch der Bingumer Pastor Armin Siegmund. Während die Nazis die Angehörigen der Volksgruppe der Sinti und Roma als minderwertig diffamierten und ermordeten, ließ sich Lini Schlüter in Bingum vom rassistischen Hass nicht vereinnahmen. »Sie war selber kinderlos und hat viele Jahre die Grabstätte gepflegt«, erinnert Pastor Siegmund an die Frau, die 101 Jahre alt wurde. Zu Lebzeiten habe sie ihm zur Begründung ihres Engagements gesagt: »Es ist ja auch nur ein armer Mensch gewesen.« Vor dem Hintergrund der Nazi-Herrschaft sei das »eine bemerkenswerte Aussage« gewesen.

Später fanden sich immer wieder Menschen, denen es am Herzen lag, die Ruhestätte nicht zu vernachlässigen. »Zu meiner Kinderzeit hat die Schülerin Christa Kloster das Grab gepflegt«, blickt der in Coldam aufgewachsene Bodo Wolters zurück. Auch Konfirmanden hätten oft die Betreuung übernommen. Zurzeit ist es Thea Plöger, im Vorstand der lutherischen Gemeinde, für die Belange des Friedhofs an der Matthäikirche zuständig, die das Unkraut an der Grabstelle entfernt und gelegentlich frische Blumen pflanzt.

Ruppa - Gedicht von Georg Blikslager
Ruppa - Gedicht von Blikslager

Von Interesse ist auch das Gedicht des Dichter und Volkskundlers Georg Blikslager aus Möhlenwarf (1874- 1939), der offenbar schon bald nach dem Begräbnis ein Gedicht mit dem Titel »Ruppa « schrieb (Text im Kasten). Laut des Jemgumer Heimatforschers Gerhard Kronsweide vertonte der Verlag J. Günther aus Dresden dieses Gedicht 1910 zu einer Ballade. Der Komponist Uthmann habe seine Bearbeitung dem Konzertsänger Otto Brill zu Elberfeld gewidmet.

Es spricht also viel dafür, dass das Schicksal der kleinen Marie die Bingumer weiterhin berühren wird. Zwar sei »die Ruhefrist des Grabes längst abgelaufen«, sagt Pastor Siegmund. Aber niemand kann sich vorstellen, dass es eingeebnet werden könnte.

Das sind nur einige Auszüge aus dem Artikel von Holger Szyska, der noch viele weitere interessante Hintergründe enthält. (HS)

Wer den ganzen Artikel lesen möchte, findet ihn hier: